Dienstag, 9. Dezember 2014

Nicht Bescheid wissen.

Als Mensch in einer Beziehung bin ich, glaube ich, eine sehr klammernde Person.

Ich will gerne wissen, wie der Tag meiner Freundin war. Ich will gezeigt bekommen, dass ich geliebt werde. Ich will kuscheln und Händchen halten. Ich will über Vergangenheit Bescheid wissen, und über Zukunft. Ich will wissen, dass ich das wichtigste bin.
Das alles ist normal für Menschen in einer Beziehung, aber ich glaube, dass ich das etwas extremer habe, als andere.

Karo wiederum ist ein Mensch, der etwas mehr Freiheiten braucht. Ich habe Glück, sehr sehr großes Glück, dass sie meine Eigenarten akzeptiert. Wenn sie für einige Stunden nicht erreichbar sein wird, sagt sie mir das vorher in der Regel - weil sie weiß, dass ich mir meistens ab 2 Stunden aufwärts Sorgen mache. Karo nimmt mich so an wie ich bin, auch, wenn sie es persönlich, glaube ich, nicht immer so extrem wollen würde.

Aber: Vor allem wenn es um schwierige, persönliche Themen geht, kann Karo meinen Wünschen nicht so sehr gerecht werden. Blöderweise ist gerade in diesem Bereich mein Wunsch besonders ausgeprägt.
Am liebsten würde ich alle Einzelheiten aus der Therapie wissen. Am liebsten würde ich hören, was Karo gesagt hat und dann ihre Therapeutin und dann wieder Karo ... ich möchte wissen, worüber Karo sich Gedanken macht, was ihr Angst macht, und was gut war. Ich möchte ALLES wissen.
Ich weiß, dass das total übertrieben ist, gerade in dem Bereich. Und ich arbeite wirklich sehr an mir, dieses Bedürfnis etwas kleiner zu kriegen. Und ich bin auch stolz: Seit wir unsere Beziehung begonnen haben, habe ich mich - glaube ich - um einiges verbessert! :) In vielen Bereichen sehe ich es mittlerweile als Selbstverständlichkeit, nicht alle Details zu wissen, und es macht mir selber rein gar nichts aus. Ich denke nicht mal mehr daran, und ich bin sehr glücklich so, wie es ist.

In anderen Bereichen ist das schwerer. Ein Beispiel ist, dass Karo darüber gebloggt hat, dass sie mit ihrer Therapeutin über ihre Zukunft gesprochen hat, und über das Gespräch am Mittwoch (morgen) mit ihren Eltern.
Ich bin gerade sehr unruhig deswegen. Ihre Zukunft - das geht auch mich etwas an. Ich würde so, so gerne wissen, was sie besprochen haben.
Aber: Ich weiß ja auch, dass Zukunft für Karo ein ganz ganz schwieriges Thema ist. Es macht sie oft fertig, darüber nachzudenken. Und nicht zuletzt weiß ich, auch aus Erfahrung, dass Karo mir sagen wird, wenn es eine wichtige Entwicklung gibt. Diese Gedanken beruhigen mich. Ich weiß, dass ich Karo damit gut tue, wenn ich sie in Ruhe lasse, und dass sie mit mir reden wird, wenn sie 1. so weit ist und 2. der Bedarf da ist, ich also etwas wissen sollte (oder natürlich, sie einfach Lust dazu hat ;) ).
Der zweite Punkt, weswegen ich im Moment unruhig bin, ist das Gespräch mit ihren Eltern. Auch davon habe ich in Karos Blog erfahren. Das hat auch seinen guten Grund: Der Blog hilft uns dabei, dass auch Karo offener reden kann, und dass ich nicht immer nachbohre. Sie kann genau so viel sagen, wie sie möchte, und durch die Blog-Form kann ich leichter akzeptieren, dass ich nur diese Infos habe, und eben nicht mehr, und bin froh über alles was ich weiß, anstatt ständig nachfragen zu wollen. Das war ein wichtiger Grund, warum wir die Blogs angefangen haben, und auch, warum wir beschlossen haben, über solche inhaltlichen Dinge nicht zu schreiben.
Zurück zum Eltern-Gespräch. Am liebsten wäre ich dabei. Ich weiß, dass das Thema Eltern wichtig für Karo ist. Am liebsten würde ich jedes Wort hören, dass dabei gesprochen wird, weil ich das sooo wichtig finde und ... das alles so gern wissen möchte. Weil ich so gern wissen möchte, was das Gespräch in Karo auslösen wird, wie es ihr damit gehen wird.
Gerne würde ich auch wissen, worum es in dem Gespräch geht.
Aber Eltern ist genauso ein heikles Thema wie Zukunft :) Und auch hier ist es wieder so, dass ich Karo mittlerweile voll verstehe, wenn sie über so etwas nicht reden möchte. Außerdem, was noch dazu kommt: Das geht wirklich nur Karo etwas an. Ihre Zukunft, da bin auch ich beteiligt, das wirkt sich auch auf meine Zukunftspläne aus, in nicht geringem Maße. Aber ihre Eltern? Das ist Karos Sache, und da habe ich tatsächlich kein "Recht" auf Information. Ich weiß, dass Karo trotzdem gerne mit mir darüber redet - sofern sie es eben kann.
Aber wenn sie es nicht kann, oder will, dann ist das ihre Sache. Dann kann ich das auch akzeptieren.

Am Anfang konnte ich mit solchen Nicht-Informationen rein gar nicht umgehen. Ich bin eifersüchtig geworden (auf Leute, die Bescheid wissen), wurde total unsicher und hab Karo nicht wirklich vertraut, dass sie mir Wichtiges mitteilen würde, ich konnte an nichts anderes mehr denken ... und nicht selten haben wir wegen solchen Situationen auch gestritten, weil ich unbedingt aus Karo herausbekommen wollte was los war, und sie mir einfach nichts sagen konnte und von mir zusätzlich unter Druck gesetzt war. Es gab nur sehr wenige Themen, die ich aus dieser inneren Unruhe ausklammern und tatsächlich verstehen konnte, wenn Karo nicht bereit war, darüber zu reden.
Mittlerweile ist das alles leichter. Es sind weit mehr Bereiche, in denen ich das akzeptieren kann, wenn auch nicht alle. Wichtig ist vor allem: Ich kann es mittlerweile verstehen! Das Verstehen ist für mich das wichtigste. Sobald mir klar ist, wie Karo denkt und warum sie etwas macht, kann ich anfangen, das zu akzeptieren.
Außerdem sind die "Symptome" leichter. Nur noch selten gerate ich in eine "Unsicherheits-Spirale", in der ich dann von Karo die Versicherung brauche, dass sie mir nach wie vor wichtige Dinge sagen wird. Ich bin auch nicht mehr eifersüchtig (oder nur ganz leicht), sondern kann mittlerweile sogar verstehen, dass Karo mit manchen Leuten besser über manche Dinge sprechen kann, als mit mir - z.B. Leute in der Klinik, die ähnliches durchgemacht haben. Und wenn alles nichts mehr hilft, bin ich auch geübter darin, mich abzulenken, bis Karo vielleicht doch Zeit hat, um mich zu beruhigen.

Ich bin immer noch am Lernen. Generell lerne ich so viel, seit ich mit Karo zusammen bin. Es tut mir gut, zurückzublicken und zu sehen, was sich auch bei mir bereits verändert hat. Das gibt mir Hoffnung, und die Kraft, weiter zu machen.
Ich hoffe, dass ich in Zukunft noch entspannter werden kann - und ich glaube daran, dass ich das schaffe. :)

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